Politik
Cannabis und Co.: Bundesrat billigt Gesetze
Freitag, 10. Februar 2017

Berlin – Schwerkranke Menschen können künftig leichter Cannabis als Arzneimittel erhalten. Für die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen gelten künftig strengere Regeln. Der Bundesrat hat heute entsprechende Gesetzentwürfe des Bundestags gebilligt.
Der Gesetzentwurf zu Cannabis als Medizin sieht vor, dass schwerkranke Patienten, die keine Therapiealternative haben, vom Arzt getrocknete Cannabisblüten und Cannabisextrakte verschrieben bekommen können. Die Kosten übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen. Diese dürfen die Genehmigung einer Cannabistherapie nur in begründeten Ausnahmefällen verweigern. Auch in der Palliativversorgung kann Cannabis künftig helfen, das Leiden der Schwerkranken auf ihrem letzten Lebensweg zu lindern.
Bisher darf Cannabis nur mit einer Ausnahmegenehmigung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eingesetzt werden. Die Kosten mussten diese in der Regel selbst tragen. Vertrieben werden sollen die Cannabisprodukte künftig von Apotheken. Eine staatliche Cannabisagentur, die beim BfArM eingerichtet wird, soll Anbau und Vertrieb koordinieren und kontrollieren. Bis der staatlich kontrollierte Anbau anläuft, soll Medizinalhanf importiert werden. Um die genaue medizinische Wirkung der Cannabis-Arzneimittel zu erforschen, ist eine wissenschaftliche Begleiterhebung vorgesehen.
Der Bundesrat hat auch das umstrittene Selbstverwaltungsstärkungsgesetz von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) passieren lassen. Mit dem Gesetz werden unter anderem Kontrollrechte der Mitglieder von Vertreterversammlungen und Verwaltungsräten gestärkt, die Möglichkeiten zum Einsatz eines „kleinen Staatskommissars“ präzisiert sowie die externe Kontrolle über die Organisationen erweitert. Der Bundestag hatte das Gesetz Ende Januar verabschiedet. Vertreter von Selbstverwaltungsorganisationen und -körperschaften wie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und dem GKV-Spitzenverband hatten eindringlich vor dem Gesetz und einer Beschneidung der Rechte gewarnt.
Befürwortet hat die Länderkammer grundsätzlich eine Meldepflicht für übertragbare Krankheiten, darunter Ausbrüche von Krätze in Pflegeheimen. Ausbrüche der Krätze seien ein wachsendes Problem in Altenpflegeeinrichtungen, heißt es in dem heute diskutierten Gesetzentwurf. Die Bekämpfung der Krätze gestalte sich vor allem deshalb schwierig, weil die Einrichtungen die Gesundheitsbehörden nicht oder zu spät informierten. Die Gesetzesnovelle sieht zudem bei Krankenhausinfektionen vor, dass künftig auch Besiedlungen der Haut mit Krankenhauskeimen gemeldet werden müssen. Für Wasser in Naturbädern werden Qualitätsanforderungen festgelegt.
Das Robert Koch-Institut wird durch das Gesetz beauftragt, ein elektronisches Meldewesen für Ärzte zu errichten. Dieses soll spätestens 2021 in Betrieb gehen. Die Betriebskosten belaufen sich auf etwa 60.000 bis 100.000 Euro jährlich.
Darüber hinaus soll für die Beteiligung der Bundesrepublik an der globalen Ausrottungsinitiative der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Kinderlähmung eine Rechtsgrundlage geschaffen werden.
Der Bundesrat forderte, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob zusätzliche bundeseinheitliche Regelungen für eine verpflichtende Gesundheitsuntersuchung auf relevante übertragbare Krankheiten geschaffen werden müssen. Dabei geht es insbesondere um die ansteckungsfähige Lungentuberkulose, die Reisende aus Hochrisikoländern nach Deutschland mitbringen.
Der Bundesrat drängte in seiner heutigen Sitzung darüber hinaus darauf, dass die Anfang 2016 eingeleitete Reform der Pflegeausbildung abgeschlossen wird. In einer Entschließung fordert die Länderkammer Bundestag und Bundesregierung auf, alle notwendigen Anstrengungen zu unternehmen, um das Gesetzgebungsverfahren zum Abschluss zu bringen. Die Länder sprechen sich dabei für die Pläne der Bundesregierung aus, eine überwiegend generalistische Pflegeausbildung zu schaffen und die bisherigen drei Ausbildungen in der Altenpflege, der Gesundheits- und Krankenpflege sowie der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege zusammenzufassen.
Die Länder beklagen in einer Entschließung auch, dass die Krankenkassen bislang lediglich die Kosten für Blindenhunde erstatten. Die Bundesregierung müsse deshalb die rechtlichen Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Kassen alle Assistenzhunde – also auch Begleithunde, Diabeteswarnhunde und Epilepsiehunde – als Hilfsmittel anerkennen und die Kosten übernehmen.

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